"Als ich noch im Fleische wandelte" - Wenn Nonnen das Tanzbein schwingen
"Als ich noch im Fleische
wandelte" -
Wenn Nonnen das Tanzbein schwingen
"Sister-Action" begeistert im
"Haus des Gastes" mit Witz und Ernsthaftigkeit
Abtswind (rl) Daß es durchaus möglich ist,
Jesus Christus zum zentralen Mittelpunkt des Lebens zu machen
ohne dafür - und das vorzugsweise am Sonntag - "den
heiligen Blick drauf zu haben", beziehungsweise in Sack und
Asche zu wandeln, bewiesen am Samstag abend neun putzmuntere Damen
in Nonnentracht. Sie machten mit ihrer Präsentation in Anlehnung
an den US-Erfolgsfilm "Sister Act" nach bislang 50 (*1)
gelungenen Aufführungen von sich reden.
Bis auf den letzten Platz gefüllt war das "Haus des
Gastes", in das die Steigerwalddekanate Castell und Markt
Einersheim mit Diakon Helmut Hartmann geladen hatten. Und daß
bei diesem bunten Programm "Mitmachen Trumpf sei", brauchte
den überwiegend jugendlichen Besuchern niemand zu sagen,
kannte doch deren Begeisterung über das Dargebotene keine
Grenzen mehr. Als eine Symbiose aus Unterhaltung und Ernsthaftigkeit
solle man das, was diese neun jungen Damen aus dem Taubertal da
zu bieten hatten, ansehen, so Ortspfarrer Robert Augustin in seiner
Begrüßung. Und was diese "Sisters" nun ganz
und gar nicht beabsichtigten sei der Umstand, den Ordensstand
irgendwie zu verunglimpfen, befinde sich doch unter den Akteuren
auch eine echte Diakonisse. (*2)
Glockenklänge
Gewaltig dröhnten mächtige Glockenklänge durch
den weiten Saal, und einträchtig hintereinander zogen die
neun "Nonnen" hinauf zur Bühne, um dort ihr Morgenlob
anzustimmen. Das tägliche Repetieren der "acht goldenen
Ordensregeln" verschafften dem Zuschauer Einblick in diese
Gemeinschaft, die rundum harmonisch schien. Unterstrichen wurde
dies von der Tatsache, daß alle Schwestern Blumennamen trugen,
gipfelnd In einer besonders quirligen Person mit dem Namen "Schwester
Azalea-Benjamina-Chrysanthema". In diese klösterliche
Idylle bricht jäh die Wirklichkeit ein, als ein europaweit
agierender Fernsehsender eine einstündige Sendung mit den
Klosterdamen ausstrahlen möchte und jene nunmehr bemüht
sind, "hier etwas ganz Einmaliges" zu bieten.
Das Motto der "Show" war: "Wir wollen etwas machen,
was Gott gefällt und den Menschen". Daß hier das
von der Mutter Oberin in ergreifender Weise vorgetragene Lied
von der "Ancilla domini", also der "Magd des Herrn",
dann wohl doch nicht so ganz den Kern der Sache treffe, sah selbst
diese nach kurzem Zögern ein, und bald hieß es "Bühne
frei" für teilweise schon an gekonnte Akrobatik glänzenden
Tanz, stimmgewaltige Parodie und Witz von der ganz trockenen,
dafür aber umso gekonnteren Sorte. Da wurde das lebenslängliche
"Ro1lenspiel", dem wir uns allesamt im Umgang mit unseren
Mitmenschen tagtäglich ausgesetzt sehen, ebenso aufgegriffen
wie das Schicksal des aidskranken Rocksängers, der trotz
seiner schweren Krankheit seinem Publikum noch immer eine "Mammutshow"
hinlegt und nicht wissen will, wie es ihm selbst geht. Da wurde
der Zeitgenosse betrachtet, der aufgrund widriger äußerer
Lebensumstände "ganz unten" angekommen und sich
selbst schon zuwider ist. "Es gibt aber einen, der dich liebt
ganz genau so, wie du jetzt bist", hieß es da in einem
aufmunternden Song, "IHM allein bist du wichtig".
Bei den kabarettartigen Einlagen, in denen die "Nonnen"
ihre schwarzen Kutten durchaus einmal rafften und die darunter
befindlichen, biedermeier-behosten Beine in Aktion brachten, sprach
der Text der vielen Songs vom Mut, sich doch -- wie in die Arme
des Liebsten - einfach und total in Christi Arme fallen zu lassen.
"If you need me just call me" - dieses innige Bekenntnis
ging den Zuschauern geradezu unter die Haut, gekoppelt mit der
Darlegung, daß es weltweit keinen Mann gebe, der sich mit
Jesus Christus messen könne. Aufhorchen ließ zum Schluß
hin das Bekenntnis einer der agierenden "Sisters" über
die Zeit, "als sie noch im Fleische wandelte", die Umstände,
die sie zum Klosterleben geführt hatten und dort auch hielten.
Tosender Applaus
Geradezu brandender, lang anhaltender Beifall seitens der jungen
Besucher war der verdiente Lohn für eine hochkarätige
Darbietung, die seitens der Akteure von ungemeinem Engagement
getragen war und in keinem Punkt zu "Anstößen"
Anlaß gab.
* Korrekturen der Internet-Redaktion (...da
sich sachliche Fehler offenbar immer wieder fortsetzen...)
*1 Bis Juni 1997 haben SISTER
ACTION ca. 35 Auftritte absolviert
*2 Unter den Sisters befindet sich keine "echte" Nonne
oder Diakonisse. Alle gehen sog. bürgerlichen Berufen nach.
Allerdings waren "echte" Nonnen bei der Generalprobe
anwesend.
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